Die Erforschung und das Monitoring der Biodiversität von Pflanzen ist ein hochkomplexes, multidisziplinarisches Unterfangen, bei dem sich viele Methoden wie Puzzleteile zu einem Gesamtbild zusammensetzen und so zu einem zu einem besseren Verständnis unserer Umwelt beitragen. Durch die rapide Entwicklung immer feinerer Messmethoden sind in den letzten Jahrzehnten auch pflanzliche volatile organische Verbindungen (pVOCs) zunehmend in den Fokus moderner Untersuchungen gerückt. Dabei haben sich deutliche Zusammenhänge zwischen deren Emissionen und Veränderungen innerhalb von Ökosystemen abgezeichnet, wobei Angriffe von Herbivoren, Trockenheit und Temperatur die Emissionen von pVOCs in beträchtlicher Art und Weise beeinflussen. Darüber hinaus besitzen viele Pflanzenarten ein taxonspezifisches Emissionsmuster, das wie ein Fingerabdruck zur Identifikation bestimmter Arten genutzt werden kann. Dieser Umstand macht die flüchtigen organischen Moleküle zu einem ausgezeichneten Indikator für die Zusammensetzung und den Gesamtzustand eines Ökosystems. Methoden, die Anomalien dieser Emissionsmuster flächendeckend, kontinuierlich und in nahezu Echtzeit aufzeichnen können wären daher ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einem besseren Verständnis pflanzlicher Interaktionen. Zusätzlich können Veränderungen innerhalb der Pflanzengemeinschaft auf diese Weise bereits erkannt werden bevor sie deutlich sichtbar werden.

Allerdings sind die geläufigen Analysemethoden an einen Einsatz unter Laborbedingungen gebunden oder durch lange Probenvorbereitungszeiten limitiert. Die Probennahme ist somit räumlich und zeitlich begrenzt und kann aus diesem Grund nur Momentaufnahmen zeigen. Durch diesen Mangel an schnellen, sensitiven und selektiven Analysemethoden ist daher bisher nur wenig über die Emission von pVOCs unter natürlichen Bedingungen bekannt.

Figure 1 – Ionenmobilitätsspektrometer der ION-GAS GmbH im mobilem Einsatz.

Eine hochinteressante Alternative um diese Limitierungen zu überwinden ist die Ionenmobilitätsspektrometrie (IMS). Während diese Methode anfangs hauptsächlich zur Detektion von Sprengstoffen und chemischer Kampfmittel eingesetzt wurde, hat die IMS in den letzten Jahren eine Renaissance erlebt und ihren Nutzen in der klinischen Diagnostik (Atemgasanalyse) oder zur Aufklärung der Herkunft von Lebensmitteln unter Beweis gestellt. Darüber hinaus konnten auch bei der Identifizierung von Pflanzen anhand spezifischer Emissionsmuster erste Erfolge erzielt werden. Die Vorteile gegenüber den geläufigen Analysemethoden sind, neben der einfachen Bedienbarkeit und der simplen Probenvorbereitung, die kurzen Messzeiten, sowie die Möglichkeiten eines mobilen Einsatzes (siehe Abbildung 1). Dabei ist die IMS ein sowohl sensitives, als auch selektives analytisches Verfahren zur Identifikation und Quantifizierung von Spurensubstanzen in der Gasphase. All diese Eigenschaften prädestinieren diese Methode für den Einsatz zum Monitoring volatiler Pflanzenstoffe im Feld.

Der Aufbau und das Trennprinzip eines Ionenmobilitätsspektrometers ist zudem verhältnismäßig simpel und besteht hauptsächlich aus zwei Kompartimenten – der Ionisierungsregion und der Driftregion. Beide sind dabei durch ein Ionengitter getrennt. Dieser Aufbau ermöglicht einen gepulsten Einlass von Ionen in die Driftregion (siehe Abbildung 2).

Figure 2 – Schematische Darstellung eines Ionenmobilitätsspektrometers. Die Probe wird über den Probeneinlass der Ionisierungskammer zugeführt und durch eine Energiequelle ionisiert. Die Ionen werden durch ein schwaches elektrisches Feld beschleunigt und in der Driftregion aufgetrennt. Über eine Faraday-Platte werden eintreffende Ionen detektiert

In der Ionisierungsregion wird das verwendete Betriebsgas (in der Regel Stickstoff oder synthetische Luft) mit Hilfe einer radioaktiven Quelle ionisiert. Durch eine mehrstufige Kettenreaktion entstehen am Ende des Ionisierungsprozesses protonierte Wassercluster, die sogenannten Reaktant-Ionen. Befinden sich in einer Probe Analyten mit einer höheren Protonenaffinität als der von Wasser, so findet ein Protonentransfer vom Reaktand-Ion auf den Analyten statt, wodurch dieser eine elektrische Ladung erhält, ohne dass die Integrität des Moleküls beeinflusst wird.

In der Driftregion werden die geladenen Teilchen dann durch ein schwaches elektrisches Feld beschleunigt. Während sich die beschleunigten Ionen in Richtung des Detektors bewegen, kollidieren sie mit den vorhandenen Gasmolekülen des Driftgases, wobei die Häufigkeit der Kollisionen von Größe und Form der Ionen abhängt. Daraus resultiert eine spezifische Geschwindigkeit eines Ions in der Driftregion. Die Messung dieser Driftzeit und die Standardisierung bezüglich Drift-Länge, Temperatur und Druck ermöglichen die Berechnung der reduzierten Ionenmobilität, welche charakteristisch für ein bestimmtes Ion ist.

Figure 3 – Beispielhafte GC-IMS-Heatmap. Auf der X-Achse befindet sich der reziproke Wert der reduzierten Ionenmobilität, auf der Y-Achse die Retentionszeit aus der GC. Jedes Signal steht dabei für ein diskretes Molekül

Durch die Einführung einer weiteren orthogonalen Trennstufe, wie beispielsweise einer gaschromatographischen Vortrennung, können so selbst komplexe Stoffgemische in relativ kurzer Zeit weitgehend oder vollständig aufgetrennt und analysiert werden. Das Resultat dieser Kombination ist eine zweidimensionale „Heatmap“, die auf der X-Achse die reduzierte Ionenmobilität und auf der Y-Achse die Retentionszeit im Gaschromatographen zeigt (Abbildung 3). Die Signale von Analyten werden dabei als Punkte visualisiert, wobei jeder Punkt für ein diskretes Molekül steht. Über die Intensität der einzelnen Signale lässt sich darüber hinaus eine semi-quantitative Aussage über das jeweilige Molekül treffen.

Mit der Anwendung dieser Methode bestünde also zukünftig die Möglichkeit den Zustand eines Ökosystems anhand der Muster von charakteristisch emittierten pVOCs dauerhaft und flächendeckend zu überwachen und die Einflüsse verschiedenster Parameter, wie beispielsweise Trockenperioden oder höherer Temperaturen, kontinuierlich und vor allem zeitnah aufzuzeichnen. Der Vorteil der Mobilität garantiert hierbei eine Dokumentation direkt vom Ort des Geschehens unter Einbezug aller aktuellen Umgebungsfaktoren.